Glaubwürdigkeit

Mimik und Gestik, Sprechgeschwindigkeit und Sprachmelodie, Auftreten und vor allem der Blickkontakt: diese aus dem Offline-Leben gewohnten Faktoren, anhand derer ich mich entscheide, den Worten einer unbekannten Person Glauben zu schenken oder eben nicht, fehlen einer Webseite. Doch auch und gerade im Netz kommt der sogenannten Web Credibility ein hoher Stellenwert zu: nicht nur der Erwerb von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen gründet in besonderem Maße auf Vertrauen, sondern auch die Beurteilung von Informationsseiten, ob privater oder kommerzieller Natur.

Das Web Credibility Project von BJ Fogg an der Universität Stanford beschäftigt sich seit 1998 mit der Frage, welche Faktoren die Glaubwürdigkeit einer Internetseite beeinflussen und wie diese gesteigert werden kann.

Die 91. Folge der Technikwürze, ein Podcast rund um Webdesign, Webstandards und barrierefreie Webseiten, beleuchtet im Gespräch mit Stefan Nitzsche, selbstständigem Webentwickler und Mitglied der Webkrauts, zentrale Erkenntnisse der Stanford-Studien. Die zehn resultierenden Richtlinien (englische oder deutsche Fassung) werden in 57 Minuten ausführlich besprochen, auch anhand praktischer Beispiele: Ebay muss – wie so oft – als Negativbeispiel herhalten, mite wird erfreulicherweise ab Minute 51 als Positivbeispiel herausgegriffen. Merci! – obwohl sicherlich auch hier noch Verbesserungspotenzial existiert.

Julia in Denke

Agile Produktentwicklung im Web 2.0

Einfachheit, Kommunikation, Feedback, Charakter und Leidenschaft: auf diese fünf Werte stützt sich die Entwicklung von mite – und das von uns entworfene agile Modell zur Produktentwicklung im Web 2.0.

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Im gerade frisch erschienenen Buch beleuchten wir auf 222 Seiten, was es damit auf sich hat. Welche Strömungen das Web prägen, welche Dienste und Formate, Technologien und Kommunikationskonzepte. Welchen Herausforderungen sich ein im Web operierendes Unternehmen aufgrund dieser Strömungen stellen muss und welche Potenziale sowohl auf Programmiererseite als auch im Produkt- und Projektmanagement existieren. Und wie Produkte entwickelt werden können, die ebendiese Potenziale ausschöpfen. Produkte, die anders sind: schlanker, stabiler, mit höherem Nutzen für den Anwender – und so schlussendlich für das Unternehmen.

Das Buch entstand auf Basis unserer Diplomarbeit. Aktualisiert, überarbeitet und vor allem lektoriert kommt es nun als schniekes Hardcover daher. Erhältlich ist es versandkostenfrei direkt über den Shop des vwh-Verlags als natürlich auch über Amazon oder den örtlichen Buchhandel.

Wer nicht die Katze im Sack kaufen möchte oder die Durchsuchbarkeit einer digitalen Version schätzt, dem sei das ursprüngliche unter Creative Commons Lizenz stehende PDF ans Herz gelegt. Die Versionen sind allerdings nicht identisch.

Julia in Denke, In eigener Sache

Agile Produktentwicklung im Neuen Web

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Was macht es neu, das Neue Web? Was ändert das ‘neu’ an den Strategien, ein Produkt wie mite zu entwickeln? Was ändert sich auf Programmiererseite, im Produktmanagement, im Projektmanagement? Was hat ein Begriff wie Leidenschaft im Softwarebereich zu suchen, bitte?

mite startete als Teil unserer Diplomarbeit »Agile Produktentwicklung im Neuen Web«. Diese ist nun abgehakt, und unsere anreißenden Antworten auf Fragen wie die obenstehenden zum Download als PDF (8,5 MB) freigegeben.

Die Arbeit steht unter dieser Creative Commons Lizenz. Lesen, weitergeben, verfielfältigen, remixen, kritisieren, verbessern ist mehr als erwünscht, solange die Nutzung nicht-kommerziell erfolgt und ihr unsere Namen nennt. Wir haben uns während der Recherche über jede zugängliche Arbeit gefreut, und hoffen, so unseren kleinen Teil zurückgeben zu können. Viel Vergnügen!

Update 20.09.2007: Aktualisiert, überarbeitet und vor allem lektoriert ist unsere Arbeit nun als schniekes Hardcover erschienen. Details und Bestellmöglichkeiten hier.

Julia in Denke, In eigener Sache

Die Zehn Gebote

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Foto: oddity_uk

1999/2000 hatte ich andere Dinge in Kopf und Hand als Business-Bücher übers Web. Die Euphorie, das Auf und Ab stand zwar in Form zweier Dotcoms, von Freunden gegründet und an die Wand gefahren, und meines Bruders, 2000 vor den geleasten Rechner gesetzt und 2001 wieder auf die Straße, direkt neben mir. Doch Überlegungen zu Marketing, Kommunikation und Unternehmenskultur warteten einige, viele Ecken weiter, und damit Bücher wie The Cluetrain Manifesto.

Enter 2006: die zweite, dritte oder vierte Welle der Thesen von Rick Levine, Christopher Locke, Doc Searls und David Weinberger zum »End of Business as Usual« hat es bis zu mir geschafft. Und sieben Jahre später immer noch die Kraft, hier Schaumkronen zu schlagen. Nicht aufgrund unfassbar neuer Ideen oder Ansätze oder augenöffnender Einblicke in Erfahrungswelten »weiser alter Netizens«, sondern ehrlicher, mitreißender Begeisterung und humorgespickter, kompakt geschliffener (wenn auch teils unheimlich ami-missionarischer) Fomulierungen eigener nebulöser Gedankenspielchen.

»A powerful global conversation has begun. Through the Internet, people are discovering and inventing new ways to share relevant knowledge with blinding speed. As a direct result, markets are getting smarter—and getting smarter faster than most companies. These markets are conversations.«

So startet das Cluetrain Manifesto und nagelt im folgenden seine 95 Thesen ans Web. Vollständig stehen sie hier online, wie auch das ganze Buch. Dort hat sich Michael Mace, Ex-Apple-Marketer, jetzt bei Rubicon die Zeit genommen, jede einzelne zu kommentieren. Auf die Thesen selbst, für meinen Geschmack zu schwammig, episch, reißerisch formuliert, folgt jedoch eine Geschichte, viermal anders und doch gleich und vor allen besser erzählt.

Die Moral:

»The future business of businesses that have a future will be about subtle differences, not wholesale conformity; about diversity, not homogeneity; about breaking rules, not enforcing them; about pushing the envelope, not punching the clock; about invitation, not protection; about doing it first, not doing it “right”; about making it better, not making it perfect; about telling the truth, not spinning bigger lies; about turning people on, not “packaging” them; and perhaps above all, about building convivial communities and knowledge ecologies, not leveraging demographic sectors.«

Sei offen. Sei ehrlich. Sei du selbst. Versuche nicht, die Leute für dumm zu verkaufen: es macht erstens keinen Sinn und wird zweitens sowieso nicht klappen. Stehe hinter dir selbst. Stehe hinter dem, was du tust. Genieß es.

Und nicht zuletzt: Keep it short. Ten commandments are a lot more memorable than 95 manifestos.

Julia in Denke

You.

Person of the Year: You.

Die letzten Tage mit stolzgeschwellter Brust durch die Stadt spaziert? Nein? Wirklich nicht? Nicht einmal ein klein bisschen gebauchpinselt gefühlt? Hmm. Dabei hat dich das TIME magazine zur Person des Jahres 2006 gekürt. Okay, genaugenommen nicht nur dich, sondern auch mich. Weil wir mitmachen, weil wir zusammenarbeiten — du weißt schon, in diesem Internetz. Bei Wikipedia, YouTube, flickr, MySpace, Digg. Wir veröffentlichen Blogs, Podcasts, Videocasts, rezensieren Bücher bei Amazon. Wir programmieren OpenSource-Software. Du, ich, und noch einige Millionen anderer Personen.

»Look at 2006: It’s a story about community and collaboration on a scale never seen before. It’s about the many wresting power from the few and helping one another for nothing and how that will not only change the world, but also change the way the world changes. (…) For seizing the reins of the global media, for founding and framing the new digital democracy, for working for nothing and beating the pros at their own game, TIME’s Person of the Year for 2006 is you.«

Dass das TIME magazine ziemlich dick aufträgt in ihrer Titelgeschichte, dass das ganze natürlich eine recht gelungenes Marketing-Kunststückchen ist, dass nicht jeder in den auf das Printexemplar aufgeklebten Spiegel blickt und sich wirklich erkennt: geschenkt. Die Kernaussage der Story trifft. 2006 ist das Jahr, in dem das Read/Write-Web, das Soziale Web, das Web ZwoNull, das Neue Web im Mainstream angekommen ist. Nielsen mag mit seiner 90-9-1-Regel richtig liegen, viele Anwender bleiben Konsument oder Publikum. Doch die Summe der vielen aktiven Einzelstimmen macht inzwischen richtig Lärm.

Zeitgeist 2006 ist user-generated Content, Inhalte von uns und für uns, produziert meist ohne (relevanten) monetären Anreiz. Das Jahr der über 140 Millionen unter CreativeCommons- Lizenzen veröffentlichten Inhalte, fein säuberlich getaggt noch dazu.

Wer sind diese Menschen, die diesen Content erstellen, wer hat die Zeit, die Energie dazu, fragt das TIME magazine und zaubert einige Clichés aus dem politisch korrekten Hut. Ich frage mich: Warum?

  1. Wie du mir, so ich dir.
    Nehmen und Geben. Ein altes Prinzip, ein gutes Prinzip.
  2. Weil du reagierst.
    — und mir auf die Schulter klopfst. Und ‘danke’ sagst. Oder ‘Vollidiot’. Und wir ins Gespräch kommen.
  3. Weil es einfach ist.
  4. Weil wir es können.
    — zumindest ein bisschen besser. Und die Welt das gerne bemerken darf.
  5. Weil wir daran glauben.

Und es dir, und mir, und uns verdammt viel Spaß bereitet.

Julia in Denke